»Rote Insel«

SPD-Plakat von Georg Wilke zur Reichstagwahl 1912
SPD / Archiv der sozialen Demokratie

KPD-Zeitung »Rote Insel«, März 1932, Nr. 3
Bundesarchiv – Bibliothek

KPD-Häuserblockzeitung »Die Rote Insel«, November 1931
Bundesarchiv – Bibliothek

Die »Rote Insel«

Seit wann und warum die Schöneberger Insel auch »Rote Insel« genannt wird, ist umstritten. Eine Erzählung geht ins Jahr 1878 zurück und besagt, dass der Getränkehändler Bäcker aus der Sedanstraße 22 (heute Leberstraße) bei der Durchfahrt von Kaiser Wilhelm I. aus Protest gegen das Sozialistengesetz eine rote Fahne aus dem Fenster hängte. Eine andere Deutung leitet den Namen von den roten Kragenspiegeln der Eisenbahntruppen ab, die auf der Insel stationiert waren.

Die von Gleisen und Industrieanlagen gesäumte Insel war das »Eastend« von Schöneberg. Neben den Militärs lebten hier auch viele klassenbewusste Arbeiter. Sie standen politisch und kulturell den Sozialdemokraten und Kommunisten nahe, wählten also »rot«.

 

Besonders die »rote« Sedanstraße, die Cheruskerstraße und die Gotenstraße waren proletarisch geprägt. Bei den Reichstagswahlen 1903 und 1907 fielen im Wahllokal Sedanstraße 55 fast 70% der Stimmen auf die SPD.

In den 1920er Jahren betrieb der Wirt Emil Potratz in der Sedanstraße 53 ein sogenanntes Verkehrslokal der KPD. Hier wurden Parteiversammlungen abgehalten, hier trafen sich der Rote Frontkämpferbund und der Kommunistische Jugendverband. Am 6. September 1929 überfielen SA-Männer das Lokal und verwüsteten es.

In der Endphase der Weimarer Republik kam es auch auf der »Roten Insel« immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten.